Inmitten der Wildnis

VG28 - herausfordernde Wanderung über 4 Tage


Es gibt einige Alternativen, den abgelegenen Kessel des Oberen Val Grande zu durchqueren. Neben der klassischen Variante auf relativ guten Wegen, der spannenden Norddurchschreitung und der schon recht wilden Variante der Durchquerung gibt es auch noch die Möglichkeit, größtenteils auf in Vergessenheit geratenen Pfaden durch den Nationalpark zu stromern. Wildnis pur und eine Herausforderung für jeden erfahrenen Berggänger, die sich lohnt. Einsamkeit und ursprüngliche Naturerlebnisse sind garantiert. Dazu jede Menge Geschichte an abgelegensten Orten, die kaum je ein Mensch besucht.



Ausgangspunkt: Premosello-Chiovenda


Wir brechen im Süden des Nationalparks auf und folgen gleich zu Beginn einem versteckten Pfad, um die Fahrstraße von Colloro zu umgehen. Er bringt uns zum Kirchlein von Lut, von dem wir eine schöne Aussicht über das Ossolatal haben. Weiter geht es zu den einstigen Maiensäßen von La Piana und Motta. Früher eine bedeutende Zwischenstation der Transhumanz, heute nur noch Feriensiedlungen. Ein großer Gedenkstein erinnert an die Strapazen, die die Bauern früher auf sich genommen haben, um über die steilen Pässe die kargen Wiesen des Val Grande zu erreichen.


Eben ein solcher steiler Pass ist unser nächstes Ziel. Ein schmaler Pfad windet sich durch steile Hänge und wilde Felstürmchen, ehe er über die Bocchetta dell'Usciolo ins Val Grande hinein führt. Dort erwartet uns Natur pur. Von der einst größten Alp des Kessels, Quagiui, ist nicht mehr viel übrig. Hier regieren Gämse und Steinadler, und die weitläufigen Wiesen sind längst von Alpenrosen und Heidelbeeren besiedelt.


Die alten Bauernhäuser liegen fast komplett in Ruinen, doch es gibt ihn noch, den kleinen Unterschlupf, in dem früher Käse verarbeitet und gelagert wurde und in dem man immer noch übernachten kann. Ein echtes Val-Grande-Erlebnis! Am Lagerfeuer genießen wir die Abendstimmung in der Abgeschiedenheit - da sich weit und breit keine offizielle Hütte befindet, ist die Einsamkeit beinahe garantiert.


Am nächsten Tag tauchen wir in den inzwischen völlig unberührten Wald des Nationalparks ein. Der Pfad windet sich nun durch die Schlucht des abenteuerlichen Val Gabbio und kommt an zahlreichen Höhepunkten vorbei, wie die wunderbar gelegene Alpe Borgo delle Valli, die azurblauen Wassertöpfe oder die schroffen Gipfel, die das tiefe Tal umgeben.


Eine unscheinbare Abzweigung leitet uns dann in den vergessenen und nicht mehr begangenen Teil des Parks. Einst wurden über diese Wege Kühe getrieben, heute benötigt man ein gutes Auge und eine ordentliche Portion Spürsinn, um die schmale Spur als soche zu erkennen. Auf ihr wandern wir ins wilde Valle Ragozzale und steigen über alte Weganlagen, vorbei an so unbekannten Örtlichkeiten wie Scrivalone und Mazz, nach Mottac auf.


Kurz vor unserem Ziel treffen wir wieder auf einen besseren Weg, den wir aber sogleich wieder verlassen, um noch den fantastischen Aussichtsberg Pizzo Mottac zu besteigen. Die komplette, riesige Schlucht des Val Grande liegt uns von hier oben zu Füßen, und man hat quasi einen 360-Grad-Blick auf den Kessel des Nationalparks. Von dort erreichen wir schließlich in Kürze die gleichnamige Hütte, in der ich den Winter 2010/11 verbracht (Bilder). Es ist zweifellos der spektakulärste Platz des Parks.

 

Der dritte Tage beginnt mit einem Abstieg über die schroffe Kuppe von Mottac in den endlosen Buchenwald des Val Grande hinein. Kaum vorstellbar, dass hier vor 70 Jahren kein Baum mehr stand! Nach einiger Zeit erreichen wir die verfallene Alpe Monticello, wo wir uns schon wieder auf das "alternative Wegenetz" begeben. Eine luftige Pfadspur bringt uns durch eine im Wald versteckte Felswand zu einem Überrest der einstigen Transportseilbahn. Mit ihrer Hilfe wurden bis in die 1950er-Jahre viele Millionen Tonnen Brennholz aus dem Val Grande abtransportiert. Die Fundamente des Bauwerks sind nach wie vor zu sehen.


Nach einigen weiteren Serpentinen im Wald treffen wir auf die Hauptdurchquerung, auf der wir ein kurzes Stück bis zur zentralen Hüttenanlage von In la Piana gehen. Nach einer Rast an diesem schönen Ort folgen wir der Schlucht wieder bergauf, passieren ein paar Ruinen und steigen zu einer wilden Furt ab. Während der Schneeschmelze oder nach Regenfällen heißt es hier: Schuhe aus! Ein paar ausgesetzte und felsige Stellen sind mit Ketten gesichert.


Bevor der markierte Weg erneut einen Bach quert, zweigt unsere Route ins unbekannte Val Biordo hinein ab. Es handelt sich um eines der schönsten Seitentäler des Nationalparks, doch sämtliche Wege sind so gut wie verschwunden. Dennoch folgen wir auch hier wieder einer alten und kaum noch erkennbaren "Kuhstraße", die uns über Stock und Stein und teilweise auch durch dschungelartige Vegetation führt. Nachdem wir die Baumgrenze hinter uns gelassen haben, erreichen wir unser nächstes spartanisches Quartier, ein altes original erhaltenes Bauernhaus. Wie schon in unserer ersten Unterkunft erleben wir auch hier wieder das unverfälschte Flair von anno dazumal in faszinierender Umgebung unmittelbar unter dem Monte Togano, dem höchsten Gipfel des Parks.


Am letzten Tag wartet ein letzter Aufstieg auf uns. Doch der hat es in sich, denn zum Passo Biordo müssen wir eine steile Grasflanke überwinden. Auch hier finden wir wieder Reste des alten Weges vor, die uns durch dieses heikle Gelände bringen. Oben angekommen, verabschieden wir uns vom Nationalpark, doch nicht von der Wildnis. Es beginnt der lange Abstieg nach Trontano, bis auf ein Stück am Anfang und ganz am Ende weiterhin auf inoffiziellen Routen.


Wir steigen in den malerischen Kessel von Fornale ab und queren, teilweise wieder leicht steigend, zur panoramareichen Weide von Roi hinüber. Von hier geht es entgültig gen Tal, zunächst über einen buchenbestandenen Rücken, dann auf einem schmalen Saumpfad durch eine Schlucht hindurch. Die letzten Meter legen wir schließlich auf einer schönen Mulattiera zurück, passieren alte Mühlen und eine Bogenbrücke und erreichen nach anstrengenden, aber unvergesslichen vier Tagen den Bahnhof von Trontano.


Diese Route ist nur ein Vorschlag - es gibt noch weitaus mehr versteckte Pfade im Val Grande zu entdecken. Nur 5 Prozent des ehemaligen Wegenetzes sind als offizielle Wanderwege ausgewiesen! Auch die Dauer einer solchen Tour ist komplett variierbar. Von zwei Tagen bis eine Woche, alles ist möglich!


Rückkehr am späten Nachmittag.


Höhendifferenzen:

1. Tag + 1710m, - 420m

2. Tag + 850m, - 670m

3. Tag + 920m, - 940m

4. Tag + 580m, - 1730m


beste Jahreszeit: Juni und August bis Oktober


Leistungen:

-Zugfahrt Domodossola-Premosello und Trontano-Domodossola

-Führung wie beschrieben

-Verpflegung ausreichend für vier Tage: Brotzeit, Müsli-/Schokoriegel, drei warme Mahlzeiten (Suppe, Pasta/Risotto, Nachtisch), Frühstück (Müsli, Kaffee, Tee)

-Übernachtungen in zwei sehr einfachen alten Bauernhäusern und in der einfachen Unterkunft von Mottac


Zur Buchung ist eine kurze Angabe der Bergerfahrung der Teilnehmer obligatorisch.


maximale Teilnehmerzahl 4 Personen